Kommentar

Männer, die Feministen sind

Es scheint eine neue Bewegung im Reich der Forderungen zur neuen geschlechtergerechten Gesellschaft zu geben: den Männer-Feminismus. Oder was es besser trifft: Männer, die Feministen sind. Feminismus wird nämlich nicht nur von Frauen initiiert, sondern vermehrt auch von Männern. Bei ihnen steht weniger der Erhalt der Männlichkeit im Vordergrund. Sie inkludieren Frauen in ihre Gedanken und Entscheidungen. Dabei geht es nicht um Machtverlust, sondern um ein ausgewogenes Machtverhältnis. Es ist ungemein beachtenswert, wenn sich Männer für Frauenrechte einsetzen, wenn sie Kampagnen starten, die sich damit beschäftigen, wie man Männer auf dem Weg zur geschlechtergerechten Gesellschaft sensibilisieren und mobilisieren kann. Feministen sind Menschen, die freiwillig die Frauenperspektive einnehmen und diese lautstark verteidigen, egal ob sie tatsächlich vom weiblichen Geschlecht sind.

Aber das erfordert sehr viel Mut. Denn viele Männer werden nach wie vor geschlechtsspezifisch erzogen und diesen Ausprägungen folgend behandeln sie ihre Gleichgesinnten genauso wie sie es gelernt haben. Sie tendieren dazu sich kämpferisch zu zeigen und stehen unter sehr großem Druck ihre Männlichkeit zu demonstrieren – gerade vor anderen Männern. Warum es fast die Regel ist, dass Männer so krass zusammenhalten, warum sie sich gegenseitig decken bei Vergewaltigungsvorwürfen und Untreue, liegt wahrscheinlich an ihrer fulminanten Solidarität. Es ist die gleiche stupide Kameraderie, die in Hotelküchen oder anderen männerdominierten Berufen herrscht und mit der sich Männer sehr leicht identifizieren können – sofern sie in das Schema des heteronormativen Mannes passen. Frauen scheinen viele Rituale für ebendiese Kollegialität nicht mitmachen zu können und haben einfach keinen Platz dort.

Die Art wie Männer unter Männer reden, wie sie sich untereinander bewerten und wie sie sich verhalten ist automatisch ein Indikator für ihre eigene feminine Ausprägung. Vielleicht sehen Männer, die wertschätzend und wohlwollend miteinander umgehen, im Feminismus weniger eine Bedrohung und mehr eine Chance. Das Androgen der Weiblichkeit liegt in der feministischen Bewegung. Es braucht Männer, die Männer kritisieren. Einfach, weil es eine andere Schlagkraft hat. Männer, die von Frauen nichts halten, werden sich selten von Frauen zum Umdenken bewegen lassen. Treten allerdings Gleichgeschlechtliche auf, die sie ermahnen, gewinnt das Argument immens an Bedeutung und wirkt seriöser. Männer können und müssen genauso eine treibende Kraft sein in dieser Debatte wie Frauen. Es gibt unter anderem Frauen, die Frauen genauso betrachten wie Männer Frauen betrachten. Wir wollen und brauchen Männer, die sich aktiv damit beschäftigen, dass Frauen ein sichereres Umfeld geboten wird – ohne externe Aufforderung. Es ist nicht der Kampf unserer Geschlechter gegeneinander – sondern unser jeweiliger Kampf untereinander und wie wir uns da heraus verbünden können.