Bericht
Allmende Kontor – nach wie vor eine Oase Berlins
Die Gemeinschaftsgärten in Berlin sind weit verteilt – ein ganz besonderer davon liegt auf dem Gelände des alten Flughafens Tempelhof. Dieses Jahr feiert das Gartenprojekt “Allmende-Kontor” sein 10-jähriges Jubiläum. Die mögliche Bebauung des Geländes könnte jedoch diese schöne Idylle gefährden.
10-jähriges Jubiläum des Allmende-Kontors
„Allmende“ bedeutet so viel wie gemeinschaftlich bewirtschaftete Flächen, Wälder oder Weiden. Als eines der Pionierprojekte zur Gestaltung des Tempelhofer Feldes wurde der Gemeinschaftsgarten, der ursprünglich „Tempelgärten“ genannt werden sollte, von 13 Personen der „Urban Gardening“-Szene gegründet. Die Idee war eine berlinweite Vernetzungsstelle für „Urban Gardening“ einzurichten. Über 500 GärtnerInnen sind mittlerweile auf diesen 5000 m² fleißig am beackern.
„Wir sind in den ersten Jahren ziemlich überrascht worden von unserer Entwicklung. Wir hätten nicht gedacht einen so großen Zuspruch, nicht nur von Besuchern sondern auch von Gärtnern, zu bekommen. In der Anfangsphase waren jeden Tag wieder neue Beete da. Bereits im ersten Jahr mussten wir einen Beetstopp verhängen“, sagt Kristin Hensel, ehrenamtlich im Orga-Team von Allmende-Kontor e.V. tätig. Das Jubiläum wollen sie über das Jahr verteilt feiern.
Die Natur schätzen lernen
“Man braucht als Städter auch mal die Gelegenheit, keine grauen Fassaden und Gebäude zu sehen. Einfach mal raus in der Natur spazieren gehen, das Grün sehen und frische Luft atmen. Um das Auge zu reinigen, sozusagen”, meint Felix Scholz, Künstler und Illustrator aus Neukölln, welcher den Gemeinschaftsgarten sehr lieben gelernt hat. Die Möglichkeit, einen Kleingarten zu besitzen, sei sehr beschränkt in einer Großsstadt wie Berlin und das Bedürfnis danach hoch. „Ich befürworte den eigenen Anbau von Gemüse, Obst oder Blumen. Es ist sehr belohnend auf diese Art mit der Natur verbunden zu sein. Man muss geduldig sein, natürlich, denn es braucht Zeit.“
Ein Teil von Allmende-Kontor werden
Die Wartelisten, die man anfangs geführt habe, wurden aufgehoben. Stattdessen findet jeden April kurz vor Saisonstart eine Infoveranstaltung für NeugärtnerInnen statt. Die Beete werden jedes Jahr neu vergeben, da durch die hohe Fluktuation der Besitzer immer wieder welche freiwerden. „Natürlich ist die Nachfrage höher als die Anzahl unserer Beete. So entstehen oft Beetgemeinschaften. Uns ist vor allem wichtig, dass man sich an unsere Regeln für das Gemeinschaftsgärtnern hält und sich einbringt“, erklärt Hensel.
Die wichtigsten Regeln seien zum einen, dass man seinen Nachbarn nicht beschattet und seine Beetgröße einhält. Zum anderen solle man ökologisch nachhaltig gärtnern und sich bei den verschiedenen Veranstaltungen und Projekten beteiligen – zum Beispiel am Kompostieren.
Schattenseiten der exponierten Lage
Natürlich bringe so eine große Fläche auch Probleme mit sich wie Mundraub oder Vandalismus. „Das Zelt der Allmende-Kontor wurde einmal so zerstört, dass wir es für 1.800 Euro reparieren lassen mussten“, sagt Elisabeth Meyer-Renschhausen, Autorin und ehemalige Vorstandsvorsitzende der Allmende-Kontor e.V. Es sei ein sehr öffentlicher Garten, welcher teilweise mehr genutzt würde von den Anwohnern und Besuchern als von den GärtnerInnen selbst. „Gleichzeitig ist das auch unser Aushängeschild, dass eben jeder willkommen ist“, meint Hensel.
Zur aktuellen Diskussion über die Bebauung des Tempelhofer Feldes sagt Meyer-Renschhausen: „Es ist ein großer Unfug, wenn die Bebauung dort erfolgen würde, wo die Gemeinschaftsgärten stehen. Dass man diese wieder herstellen kann, bezweifle ich. Wir haben genügend Büroleerstand, der für Wohnungen verwendet werden kann.“ Die Politik sollte Gründung und Erhalt der Berliner Gemeinschaftsgärten unterstützen, da sie damit ein einzigartiges Vorzeigeprojekt hätte, das man so nicht wieder erschaffen könne. „Die Gärten in den Parks am Gleisdreieck und auf dem Tempelhofer Feld sind mit das interessanteste und wahrscheinlich dem Klimawandel am stärksten entgegentretende Projekt. Wenn man das auflösen würde, würde das ein schlechtes Zeichen unserer Sozialpolitik setzen.“ Zudem schränke der Flächennutzungsvertrag der Allmende-Kontor e.V. die Mitspracherechte des Vereins weiter ein.
Laut der Berliner Zeitung spricht sich die SPD in ihrem Wahlprogramm für einen Wohnungsbau auf dem Tempelhofer Feld aus. Nach FDP und CDU schließt sie sich so dem Vorschlag einer Randbebauung mit sozialer Infrastruktur an. Die Flächen würden nur für den Bau durch landeseigene Wohnungsunternehmen und Genossenschaften genutzt werden. Das Ziel ist ein zweiter Volksentscheid, welcher die Entscheidung über die zukünftige Entwicklung der Stadt Berlin in die Hände der BürgerInnen gebe.